Einer der wesentlichsten Schutzfaktoren, um Krisen positiv zu meistern, ist die coping strategie. Der Begriff kommt aus dem englischen – „to cope with“ und bedeutet: bewältigen.
Was allerdings zuerst da ist, das Coping oder die Resilienz, ist in der Forschung noch nicht eindeutug geklärt. Manche Forscher sind sich sicher, dass Coping ein Bestandteil von Resilienz ist, andere dagegen behaupten, dass Resilienz das Ergebnis von erfolgreichem Coping ist. Wie aber geht Coping praktisch?
Ein tragischer Unfall vor 40 Jahren
Dass unser öffentlicher Auftritt zu unserem Ausbildungsangebot „Resilienzguide“ ausgerechnet 40 Jahre nach dem tragischen Busunglück in Pfäffikon startet, mag Zufall sein.
Am 12. September 1982 kam es zu einem der dramatischsten Zug- und Busunglücke in der Schweiz.
Die AH Mannschaft aus dem Fussballverein Schönaich (Connys ehemaliger Heimatort) war unterwegs zu einem Sonntagsausflug an den Zürichsee.
Weil eine Bahnmitarbeiterin zwei Schaltknöpfe verwechselte, blieb die Bahnschranke in Pfäffikon oben.
Als Familie sassen wir wie jeden Abend beim gemeinsamen Abendessen. Dabei lauschten wir den Abendnachrichten und die Schreckensnachricht platzte in unser Esszimmer.
Der mit 41 Personen besetzte Bus wurde von einem herannahenden Zug erfasst, vollständig zerstört und brannte innerhalb von Minuten komplett aus.
39 Menschen aus meinem Heimatort waren plötzlich tot.
Damals zerbrach mein kindlicher Glaube an einen lieben Gott.
Am Montag danach blieben in unserem Klassenzimmer etliche Plätze leer.
Einige meiner MitschülerInnen hatten von einer Sekunde auf die andere keine Eltern mehr.
Auch in unserer Strasse fehlten auf einmal Menschen.
Die Zeit danach kann ich in meiner Erinnerung nur als „Die grossse Stille“ beschreiben. Als achtjähriges Mädchen hörte ich die Erwachsenen reden über Hinterbliebene, die an dieser Tragödie zerbrachen, psychisch erkrankten und nicht mehr in der Lage waren, zur Arbeit zu gehen.
Auf der anderen Seite rollte eine Welle der Hilfsbereitschaft aus ganz Baden-Württemberg über unseren Ort. Spenden für Waisen wurden gesammelt, Hilfsfonds eingerichtet und praktische Hilfe zugesichert.
Wie kommt man mit solchen Krisen zurecht?
Der Begriff coping beschreibt Bewältigungsstrategien, die Menschen in unterschiedlichen Krisensituationen anwenden. Dabei unterscheiden Forscher zwischen Strategien, die weiter bringen und solchen, die genau das Gegenteil bewirken.
So beginnen manche Menschen nach solchen dramatischen Katastrophen, vermehrt Alkohohl zu trinken. Oder sie ziehen sich aus dem Leben zurück, vermeiden soziale Kontakte und drehen sich um die Katastrophe. Auch die „WARUM“ – Frage kann, wenn sie eine never-ending Frage wird eine negative Coping Strategie werden.
Jeder Mensch entwickelt seine persönliche Strategie, um mit Krisen fertig zu werden. Und so ist sich die Forschung einig, dass es die Kombination aus unterschiedlichen aktiven Coping Strategien ist, die Menschen zu der Überzeugung bringen: Ich kann Krisen bewältigen.
Die Coping Strategie GLAUBEN
15 Jahre später stehe ich in Pfäffikon auf der Bühne einer Kirchengemeinde und führe mit einigen anderen Studenten vom Theologischen Seminar St. Chrischona das Musical „Leesha“ auf. Ein junges Mädchen, Leesha, stirbt bei einem Autounfall und sucht im Himmel nach Antworten auf das „Warum“.
Währenddessen suchen ihre Freunde und die Familie diese Antworten auf der Erde.
- Warum passieren so Schreckliche Dinge?
- Wie kann ein liebender Gott so viel Leid zulassen?
- Ist es vielleicht gar nicht Gott, sondern wir Menschen sind selbst schuld an unserem Schlamassel?
- Liegt das Leid daran, dass wir zu wenig nach Gott fragen, zu wenig Bibel lesen, zu wenig Buße tun, zu wenig…?
Fragen über Fragen. Manchmal hatten wir in unserem Leben den Eindruck:
Je mehr Fragen wir stellen, umso mehr Fragen bekommen wir.
Bis heute haben wir keine Antworten auf viele Dinge in unserem Leben, die nach WARUM schreien. Lohnt sich dann der Glaube an Gott überhaupt?
Unsere Antwort: unbedingt. Einer der wesentlichsten coping strategien ist die Religion. Wir nennen sie eher GLAUBEN.
Immer tiefer ist in den letzten Jahren der Gedanke gesunken, Vertrauen hat nichts mit verstehen zu tun. Vertrauen ist Beziehung. Beziehung aber lässt eine ganz neue, tiefe Liebe zu meinem Gott wachsen. Wir haben keinen Friede-Freude-Eierkuchen Gott, keinen Softie Gott, der in unser kleines Leben und Gehirn passt. Aber wir haben einen Bundesgott, bei dem alle Dinge möglich sind.
Weil das so ist, ist der Neue Bund ein wichtiger Bestandteil unserer Ausbildung zum Resilienzguide. Weil es uns zu wenig ist, in Krisen und Stürmen des Lebens lediglich auf unsere Stärken und Fähigkeiten zu sehen.