Ich war entmutigt. Seit Monaten wartete ich auf eine neue Perspektive. Nach einem beruflichen Tiefschlag mit anschließender Arbeitslosigkeit suchte ich eine neue berufliche Herausforderung. Neuland. Einen neuen Anfang. Ein neues Zuhause.
Die letzten Monate waren entmutigend für mich. Menschen hatten offen an meinen Fähigkeiten gezweifelt, mein Alter mit mangelnder Erfahrung gleichgesetzt und mir böswillige Absichten in meinen Handlungen unterstellt. Am Ende blieb mir nur der Rückzug.
Lange tot geglaubte Sätze begannen in meinem Gehirn das Regiment zu übernehmen: „Ich kann nichts“ – „Ich bin nicht gut genug“ – „Das schaffe ich sowieso nicht“ – „Wer will mich jetzt noch?“
Aus meiner eigenen Selbstermutigung wurde schließlich Selbstmitleid. Ich hatte meinen Platz verloren und das Gefühl, nirgends mehr dazuzugehören nagte an meiner Seele. Je entmutigter sich mein Leben anfühlte, umso enger wurde es. Ich igelte mich ein, tat das Nötigste und wollte möglichst keinen Kontakt zur Welt und zu Menschen, die strahlend durchs Leben liefen.
Ermutigung muss her – aber schnell
Ich erinnere mich an einen Abend – alleine zu Hause. Ich sitze in meinem Sessel und klage Gott mein Leid. Etwas Ermutigung muss her – möglichst schnell. Bevor ich diesen Satz zu Ende denke, schlägt Gott mir vor: Lies mal Jeremia 12. Voller Vorfreude schlage ich meine Bibel auf und lese:
»Wenn du schon mit Fußgängern kaum Schritt halten kannst, wie willst du dann mit Pferden um die Wette laufen? Und wenn du dich nur im friedlichen Land sicher fühlst, was willst du dann erst im gefährlichen Dickicht am Jordan tun?
Meine Gefühle schwanken zwischen Enttäuschung und Ärger hin und her. „Gott“, flüstere ich leise, „ein einfaches ´Fürchte dich nicht´ hätte es auch getan.“ Was soll ich mit dieser Aussage anfangen? Ich wollte Ermutigung, statt dessen fühle ich mich noch mieser als zuvor.
Kann Gott so gefühllos sein?
In den nächsten Tagen und Wochen wühle ich mich durch diese Aussage der Bibel. Und ich frage neu, was Ermutigung eigentlich ist?
Was hatte ich erwartet? Göttliche Streicheleinheiten für meine verwundete Seele? Die Bestätigung, dass die Schuld bei allen anderen liegt?
Ich lerne dass Ermutigung herausfordernd sein darf. Da ist einer, der mir zutraut, ein Wettrennen mit Pferden zu gewinnen. Gott traut mir zu, ein Leben zu leben das mehr ist als ein Spaziergang. Er traut mir zu, Herausforderungen anzunehmen, stark zu werden und weit über mich selbst hinaus zu wachsen.
Eiszeit im Unternehmen
Heute begleite ich viele entmutigte Führungskräfte. Sie waren einmal voller Begeisterung und Elan gestartet. Bis der Arbeitsalltag sie einholte. Der Chef forderte immer mehr, Mitarbeiter leisteten Widerstand, Kunden wurden zu Dauernörglern. Und das Privatleben war schon lange an den Rand des Lebens gedrängt worden.
Irgendwann war aus Begeisterung Frust geworden und aus Elan bleierne Müdigkeit. Die Entmutigungsspirale hatte voll zugeschlagen. Aus inneren entmutigenden Dialogen („Keiner hört auf mich“, „Es ist egal, was ich mache“, „Ich schaffe es nicht!“.) entstand Versagensangst und der Gedanke: Bloss keinen Fehler machen. An ein Wettrennen mit Pferden war schon lange nicht mehr zu denken.
Kreativität gab es schon lange nicht mehr. An ihre Stelle war Kontrolle getreten. Jeder noch so kleine Fehler wurde bewertet. Der Klimawandel in der Abteilung war spürbar und die Eiszeit nicht mehr abzuwenden.
Entmutigung ist meine eigene Entscheidung
An dieser Stelle gibt es oft nur noch den Tunnelblick: Entweder gehen oder meine Ellenbogen einsetzen.
In meiner eigenen Talsohle der Entmutigung lernte ich: Entmutigung ist immer Selbstentmutigung. Es sind nicht die anderen, die mich entmutigen, es sind meine Gedanken, mit denen ich die Situation bewerte. Ich entscheide, mich selbst zu entmutigen.
Und weil das so ist, entscheide auch ich, aus der Entmutigung- in die Ermutigungswelt umzuziehen. Der Schlüssel für diesen Umzug sind meine Gedanken.
Ich bin gut genug
Ermutigte Menschen wissen um ihre Stärken und um ihre Schwächen. Sie haben gelernt, dass Krisen und Scheitern zum Leben dazugehören, aber längst nicht den Weltuntergang bedeuten.
Ermutigte Führungskräfte wissen, dass sie so, wie sie sind gut genug sind und dieses Wissen leben sie auch mit anderen Menschen. Wenn Mitarbeiter Fehler machen, bleiben sie trotzdem „gut genug“. Leistung wird nicht belohnt und Fehler werden nicht bestraft.
Es war genau dieser Punkt, der an jenem Abend meine Entmutigungsspirale stoppte: Ich bin gut genug. Fehler dürfen sein – Scheitern ist erlaubt. Aber einer glaubt an mich. Mitten in meinem privaten Weltuntergang glaubte Gott, dass ich selbst mit Pferden um die Wette rennen kann und dass ein Sieg möglich ist.
Was für eine Ermutigung.
Fragen zum Weiterdenken
- Mit welchen wenig hilfreichen Gedanken haben Sie sich in die Entmutigung hinein manövriert?
- Gehen Sie in Ihrer Erinnerung Situationen und Erlebnisse durch, die Sie gemeistert haben und danach ermutigt waren. Welche hilfreichen Gedanken dachten Sie zu diesem Zeitpunkt?
- Welche Denkweise brauchen Sie, um in die Ermutigung umzuziehen? Welche Chance steckt hinter Ihrem Problem?
Sie sind der Steuermann Ihrer Gedanken!