Nichts mehr unter Kontrolle. Es ist fast Mitternacht, als unsere Tochter uns per Telefon aus dem Schlaf reißt. Sie sitzt in Queenstown/Neuseeland am Flughafen fest und kann nicht mehr nach Hause
Geplant war nach einem 6-monatigen Aufenthalt ein Weiterflug nach Sydney/Australien.
Krisenbedingt hat Australien entschieden, den Flughafen für internationale Flüge zu sperren. Sie wird also nicht mehr ins Land kommen.
Was nun? In dieser Nacht bleiben wir wach, schauen nach Flügen, die sie nach Hause bringen könnten und finden nach stundenlanger Suche endlich einen Flug. Endlich haben wir wieder ein bisschen Kontrolle.
Der soll in wenigen Tagen starten
Wenige Tage später – um 3 Uhr nachts sitzen wir wieder hellwach im Bett. Am Telefon eine sichtlich nervöse Tochter. Neuseelands Flughäfen sind dicht. Niemand kommt raus, niemand rein. Ihr Flug wurde gestrichen.
Nach Stunden des Bangens und Hoffens ist klar: Unsere Tochter sitzt fest und kommt erst mal nicht nach Hause.
Sie muss schnell entscheiden, was sie jetzt machen soll. Zum Glück hat sie Freunde und entscheidet sich, nach Auckland zu fliegen und die nächsten Wochen dort zu verbringen.
Wenn von meinen Entscheidungen Leben abhängt
Weltweit sitzen Politiker und Entscheidungsträger während der Coronakrise im selben Boot. Sie müssen in aller Schnelle Situationen bewerten, Informationen verarbeiten und Entscheidungen treffen. Fehler können sie sich nicht leisten, das könnte Menschenleben kosten. Auf der anderen Seite stehen Anwälte schon Schlange, um Fehlentscheidungen zu ahnden.
Was tun, wenn das weltweite Leben außer Kontrolle gerät? Wie entscheiden, wenn wir heute nicht wissen, welche Auswirkungen unsere Entscheidungen morgen haben werden?
Wir Menschen haben in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden viele mutige Entscheidungen getroffen. Wir haben unser Wissen enorm erweitert, haben Quantensprünge in Technik, Medizin und Wissenschaft gemacht.
Wir haben gelernt, auf den Mond zu fliegen, künstliche Intelligenz zu erschaffen und …
Und doch wird uns gerade in den letzten Wochen bewusst, wie wenig wir wissen. Wie hilflos wir sind. Ohne Kontrolle.
Es gibt kein Drehbuch für eine Pandemie, keine Anleitung, keine Entscheidungshilfe. Wir entscheiden ohne Netz und doppelten Boden. Und kennen das Ende nicht.
Kontrolle eine Illusion
Wer beruflich und privat das Gefühl hat, alles im Griff zu haben, fühlt sich gut.
Das ist schön, tut der Seele gut – doch leider ist es allzu oft eine Illusion.
Seit wir uns vor knapp sechs Jahren selbständig gemacht haben, hatten wir selten etwas im Griff. Die Auftragslage kann sich von Woche zu Woche ändern, Klienten sagen oft sehr kurzfristig Termine ab, Unternehmer entscheiden sich für einen anderen Berater.
Wir mussten lernen, mit diesen Unsicherheiten umzugehen, Absagen nicht persönlich zu nehmen, Enttäuschungen zuzulassen und dann wieder nach vorne zu schauen.
Corona hat auch vor unserer Arbeit nicht Halt gemacht. Von gut gefüllten Auftragsmonaten ist nichts mehr übrig geblieben.
Nach der ersten Schockstarre fühlten wir uns zunächst wie in einem Lift stecken geblieben. Hektisches Drücken auf alle möglichen Knöpfe nützte nichts. Der Lift, unsere Arbeit, fuhr einfach nicht mehr weiter. Keine Kontrolle.
Was tun, wenn ich nichts tun kann?
Während wir ohnmächtig zuschauen, wie unsere Arbeit einbricht, beobachten wir, wie digitale Angebote wie Pilze aus dem Boden schießen?
Sollen wir uns entscheiden, ebenfalls auf diesen Zug aufzuspringen?
Wir entscheiden uns gegen Hektik und nehmen uns bewusst eine Auszeit. Wenn weniger Termine anstehen, haben wir mehr Zeit.
Zeit für die Familie (inzwischen ist auch unsere Tochter aus Neuseeland nach Hause gekommen), Zeit zum ausgiebigen Kochen, Zeit für Hobbies.
Wenn mein Kontrolle Radius immer kleiner wird
Ich kann nichts gegen eine Pandemie tun. Aber ich kann entscheiden, ob ich gesund esse, mich täglich bewege und mir ausreichend Schlaf gönne.
Ich habe es nicht in der Hand, wann und ob ein geeigneter Impfstoff gefunden wird. Aber ich kann zu Hause bleiben und mich draußen an die Abstandsregeln halten.
Entscheidungen beginnen im Kopf, deshalb …
- Entscheiden wir uns täglich gegen Angst und für Hoffnung.
- Denken wir quer und suchen nach Wegen, um unseren Kunden trotz äußerlichem Abstand innere Nähe zu zeigen.
- Ermutigen wir uns und unsere Mitmenschen, in der Krise nach vorne zu denken.
- Entscheiden wir uns für digitale Angebote, um Ihnen unser Fachwissen auch weiterhin zur Verfügung zu stellen.